Dienstag, 13. August 2013

Der West-Lake in Hangzhou (12.8.2013)

Für heute habe ich mir viel vorgenommen. Einer von Hettys Arbeitskollegen hat mir ein Zugticket organisiert, es geht nach Hangzhou. Hangzhou ist die Hauptstadt der Provinz Zhejiang, hat ca 1,4 Mio. Einwohner und liegt 180km südlich von Shanghai. Laut meinem Reiseführer "ein Ort gehobener Lebensart"! Na das schau ich mir dann doch mal an! ;-)
Wie gewohnt fahre ich mit der Metro, allerdings in die entgegengesetzte Richtung wie sonst, bis zur Hongqiao Railway Station. Wer meinen Blog aufmerksam liest, kennt den Namen Hongqiao vielleicht noch vom Flughafen, auf dem wir bei unserer Ankunft aus Peking gelandet sind. Tatsächlich grenzt die Railway Station direkt an die beiden Flughafenterminals an und sie bilden zusammen einen Komplex, der ähnlich groß ist, wie der Frankfurter Flughafen (nur um mal eben die Größenverhältnisse zu klären, da wird gleich nämlich noch von Bedeutung sein ;-)). Bei meinem letzten Besuch hier in Shanghai habe ich mich schonmal ganz fürchterlich verlaufen in dieser Railway-Airport-Station. Das Gebäude und ich sind also nicht wirkliche Freunde. Hetty wollte mich damals einfach nur dort abholen und wir haben über eine Stunde gebraucht, um uns überhaupt zu finden. Das Problem ist hier eben auch, dass es, von ein paar wenigen Flügen abgesehen, der nationale Flughafen ist und dementsprechend auch fast ausschließlich mit chinesischen Schildern und nur Chinesisch sprechenden Mitarbeitern ausgestattet ist (auch das ist für gleich wichtig ;-) !!!) Hinzu kommt noch die Mentalität vieler Chinesen, sich zu verdrücken, wenn sie einen nicht verstehen. Wenn die nicht weiter wissen oder nichts verstehen von dem, was man von ihnen möchte, drehen die sich kurzerhand um und gehen, oder setzen ihre Arbeit fort und ignorieren dich. Ich glaube, weil ihnen das dann unangenehm ist... wie auch immer. On top gibt es da noch diese Zugfahrkarte: 



Ich will mich also auf den Weg zu meinem Gleis machen. Dazu muss ich erstmal von der Metro-Station zur Railway-Station finden, ohne dabei in den Airport Section zu kommen. Das ganze ohne Schilder und Pläne, die kann ich nämlich alle nicht lesen. Das einzige was geht sind Zahlen. Die kann ich auf meinem Ticket entziffern und auch am Flughafen. Dennoch bin ich nach einiger Zeit... absolutely lost!!! Das Problem ist auch: ich finde keine Gleise oder Züge! Alles sieht nach Flughafen aus!!! Bleibt mir also doch nix anderes übrig, als mich durchzufragen. Ich steuere als erstes den Serviceschalter an,schiebe der Chinesin mein Ticket zu und ich habe Glück: sie spricht ein wenig Englisch, ist allerdings sehr wortkarg: "Upstairs, second floor!" Aha! Da in der Richtung aber alles andere Zahlen als auf meinem Ticket stehen, zögere ich und traue mich als erstes auch nicht wirklich, aus dem Bereich auszuchecken... Was wenn das dann doch falsch ist und ich nicht wieder rein komme. Und so Chinesen erzählen einem auch tatsächlich manchmal Quatsch, wenn sie mal nicht weiter wissen, das ist dann die Alternative zum Ignorieren. Also gehe ich nochmal zu der Dame am Service-Schalter und frage sie, ob sie sich denn auch wirklich sicher ist (die denkt bestimmt ich spinne :-D) und ich kriege wieder nur im monotonen Tonfall und ohne jede Gefühlsregung ein "Upstairs, second floor!" zu hören. Und weil mir so langsam die Zeit davon rennt (Züge fahren hier auf die Minute genau, nix Deutsche Bahn), bleibt mir nichts anderes übrig mich in dieses Abhängigkeitsverhältnis zu begeben (ich hasse es), meinen Bereich zu verlassen und "Upstairs, second floor!"zu fahren. Oben angekommen! Immer noch keine Gleise, keine Züge!!! Weiteren vier Chinesen halte ich mein Zugticket unter die Nase. Manche ignorieren mich, manche drehen sich um, manche schicken mich ein Stück weiter... Aber immer noch keine Gleise! Und so passiert es, dass ich zum ersten Mal, seit ich hier bin, einen leichten Anflug von Panik bekomme!!! Nicht gut, denn dann kann ich schlechter denken! Und die Uhr tickt! Also, setzte ich mich kurz um mich zu sammeln und verpasse mir innerlich selbst eine gehörige Standpauke. Es ärgert mich, dass ich mich von sowas aus der Ruhe bringen lasse. "Rückle, reiß dich zusammen!!! Es muss doch möglich sein dieses verf...te Gleis finden!!!" Also Stahlhelm aufgesetzt und weiter. Ich halte weiteren 3 Chinesen mein Ticket unter die Nase, mache ähnliche Erfahrungen wie zuvor, muss hier rein, da wieder raus, hier mein Gepäck durchleuchten lassen, da abgetastet werden, bis ich endlich, endlich in einer Wartehalle lande, wo der Check-In für Gleis 8B ist. Das Verwirrende auch hier: kein Zug und kein Gleis zu sehen! Eine Anzeigetafel zeigt die Zugnummer G7305 mit dem dazugehörigen Status "Check in" an. Mein Ticket wird von einer Maschine eingelesen und ich gehe wir durch ein Gate am Flughafen bis runter zum Gleis, wo der Zug schon wartet. Alles sehr sauber und sehr modern und ich finde im Wagen 7 endlich meinen Platzt 16F. Soviel also zu den ganzen Zahlen auf meinem Ticket... ;-) Die verdeckten Nummern auf dem Ticket sind übrigens Visa-und Reisepassnummer! Die Regierung weiß also stets, was ich hier so treibe!!!
Die Fahrt mit dem Zug dauert 1 Stunde und 15 Minuten und ich habe Zeit mich von der ganzen Aufregung zu erholen! In Hangzhou angekommen verlasse ich den Bahnhof, kriege den üblichen Hitzeschock bei 40 Grad, aber das kennt man ja schon, und mache mich zu Fuß nach Westen auf, in Richtung West Lake, denn da will ich heute hin! Auf dem Weg dorthin ist es hektisch, laut und chaotisch. Überall Hochhäuser, wilder Verkehr mit nervtötender Geräuschkulisse. Von einem Ort gehobener Lebensart spüre ich hier null. Nach ca. 4 km zeigt sich mir dann aber endlich Hangzhous Trumpfkarte: der West Lake!!! Der Westsee ist das Paradebeispiel für klassische Schönheit in China. Man fühlt sich direkt in eine andere Welt versetzt. Über dem Wasser, dessen Ufer von Weiden gesäumt werden, erheben sich Hügel, auf denen Pagoden stehen, Boote gleiten langsam durch die Kulisse. Ursprünglich war der See eine Lagune mit Verbindung zum Fluss Qiantang Jiang und entstand im 8. Jh., als der Gouverneur von Hangzhou die sumpfige Fläche ausbaggern ließ. mit der Zeit wurde der See zunehmend gepflegt und verschönt: Gärten wurden angelegt, Pagoden errichtet, und aus dem ausgebaggerten Schlamm wurden Dämme und Inseln errichtet. 
Ich entschließe mich dazu, den See nach Norden hin zu erkunden, gehe entlang der Uferpromenade und genieße die Aussicht über den See. Es dauert nicht lange, bis ich am Hubin Park an einem der Kassenhäuschen für die Boat Trips vorbeikomme und ich organisiere mir auch direkt eine Karte und fahre damit zur Insel Xiaoying. 



Bei der Überfahrt genieße ich den Westsee vom Wasser aus und kann nach ca. 10 Minuten auf der kleinen Insel aussteigen. Am südlichen Ende der Insel hat man einen schönen Blick auf die "Drei Weiher, die den Mond spiegeln". Das sind drei kleine Türme (nicht Weiher, da kapier mal einer die Logik), die im Wasser stehen. Ich finde sie eher unspektakulär. Schöner sind angelegten Teiche, Brücken und chinesischen Häuschen auf der Insel. 



Schnell ist die kleine Insel umrundet. Ich fahre mit dem Boot zurück ans Ufer und setzte meinen Weg weiter in Richtung Norden fort. Am Nordende biege ich links auf den Bai- Damm ab und Wechsel später auf den Su-Damm. 



Überall gibt es Schönes zu entdecken und meine Kamera läuft heißt. Nicht nur wegen der vielen Bilder, die ich schieße, sondern auch mal wieder wegen der Hitze! Ich habe mir fest vorgenommen hier im Blog nicht rumzujammern, weil es so heiß ist! Aber am Ende des Su-Damms bin auch ich am Ende. Ich habe einen hochroten Kopf, inklusive Kopfschmerzen, meine Beine sind schwer, ich mag nicht mehr laufen und zu trinken habe ich auch nichts mehr. Also setzte ich mich in einen der Buggies, die den Westsee umrunden. Eigentlich hätte ich das schon viel früher tun sollen. Allerdings fahren die Buggies genau in die andere Richtung und das fand ich doof, weil ich den Teil ja dann immer schon gesehen hatte. In diesem Moment ist mir das dann aber herzlich egal. Die Umrundung des Sees kostet umgerechnet sowieso nur 50 Cent, also lasse ich mich kutschieren und genieße den Fahrtwind!!!
An dem Punkt, wo ich angefangen habe, den See zu umrunden, bitte ich den Fahrer mich absteigen zu lassen und ich mache mich auf den Weg zurück zum Bahnhof. Und obwohl ich eigentlich nur geradeaus laufen muss, glaube ich zumindest, verfranse ich mich irgendwie. Bei der Hitze lässt sich auch nicht gut denken! Und weil ich dann wirklich keinen Bock mehr habe, schnappe ich mir das nächste Taxi und will mich zum Bahnhof fahren lassen. Ich zeige dem Taxifahrer auf der Karte den Bahnhof, aber auch er hat es nicht besonders mit dem Karten lesen und will mich nicht fahren, weil er nicht weiß wohin. Auch meine Versuche Zuggeräusche zu machen helfen nicht weiter (auch er denkt bestimmt ich spinne) Ich soll wieder aussteigen! Ich will aber nicht!!! Und da mein Gehirn mittels Air Condition wieder besser in Betrieb zu sein scheint, kommt mir noch folgende Idee: ich krame in meiner Tasche und halte ihm mein Rückfahr-Ticket unter die Nase. Wenn ich so gut wie nichts auf dem Ticket lesen kann, dann wird das für ihn ja wohl easy sein!!! Und so stellt er tatsächlich den Taxometer an und fährt mich. Zufrieden lehne ich mich zurück und lasse mich fahren! Kurz vor der Railway Station zeigt der Taxifahrer nochmal wild-gestikulierend auf den Bahnhof, so nach dem Motto, ob er mich richtig verstanden hat. Und ja, lieber Taxifahrer, genau da will ich hin!!!


Nachtrag noch zum Post vom Wochenende: die Bar zwischen dem Shelters und dem Apartment heißt Shivas! Alle liegen auf der Yong Fu Road in der French Consession!


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